Für Freiheit und Demokratie – gegen Gewalt, Hass, Rassismus und rechts
Deutschland, Europa, ja, die ganze Welt befindet sich in einem sich beschleunigenden Wandel bei gleichzeitig zunehmender Komplexität. Hinzu kommen multiple Krisen und Konflikte. Daraus entsteht eine neue Unübersichtlichkeit. Viele Menschen sind deshalb irritiert, machen sich Sorgen und ängstigen sich.
Das führt zu einem Bedürfnis nach Orientierung und plausiblen Zukunftsperspektiven. Wenn überzeugende Antworten ausbleiben, instrumentalisieren vor allem rechtsextreme Parteien und Kräfte dies für ihre verfassungs- und demokratiefeindlichen Zwecke. Deshalb ist es ermutigend, dass die sogenannte „schweigende Mehrheit“ sich eindrucksvoll und in großer Zahl gegen alle links- und rechtsextremen, unverantwortlichen Populisten zu Wort meldet und demonstriert. Sie alle haben unser aller Dank, Anerkennung und Respekt verdient. Darauf hinzuweisen ist insofern besonders wichtig, als unsere Demokratie, die in diesem Jahr 75 Jahre alt wird, nicht immun ist gegen Angriffe von links und rechts. Sie muss von uns täglich geschützt werden. Unsere Demokratie lebt maßgeblich von der Teilhabe und dem Engagement der Bürgerinnen und Bürger, die sich unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichtet wissen.
Ohne Demokratie gibt es keinen Frieden, weder im Innern noch nach außen.
Das zeigt uns in brutaler Weise der barbarische, imperiale und völkerrechtswidrige Vernichtungskrieg Putins in der Ukraine. Wenn wir Demokratie wollen, wenn wir eine Gesellschaft sein wollen, die in Freiheit und Frieden leben kann, dann ist unser aller Mitverantwortung gefordert. Franz Müntefering, der ehemalige SPD-Parteivorsitzende, hat das in seiner ihm eigenen Art so zum Ausdruck gebracht:
„Demokratie kennt keinen Schaukelstuhl. Solange der Kopf klar ist, solange ist man mitverantwortlich.“
Deshalb müssen wir allen Feinden der Demokratie beherzt, entschlossen und gemeinsam entgegentreten. Unsere Toleranz muss dort enden, wo zu Hass und Gewalt aufgerufen wird. Darauf haben Karl Popper, Joachim Gauck und andere mehrfach hingewiesen. Demokratie, Freiheit und Frieden gehören zusammen. Sie bedingen sich gegenseitig und bilden eine Einheit. Sie funktioniert nur dann, „wenn wir durch sie und in ihr zusammenhalten.“
Dabei ist die Freiheit das höchste Gut, das alle anderen Güter zu genießen erlaubt. Es ist allerdings ein Irrtum, zu glauben, dass unsere Freiheit ein Geschenk des Staates und ein Privileg ist. Freiheit besteht für uns alle in erster Linie aus Pflichten. Demokratie und Freiheit sind nur so stark, wie wir uns für sie stark machen. Jeder an seinem Platz und nach seinen Möglichkeiten. Nach den deutschen Revolutionen 1848 und 1918, nach den Putschversuchen durch Hitler und seine verbrecherischen Verbündeten haben wir die einmalige Chance erhalten, als Demokratie wieder zu einem geachteten Mitglied der Völkergemeinschaft zu werden.
Der Geist unseres Grundgesetzes lautet „nie wieder.“ Nie wieder Hass, Gewalt, Rassismus, Antisemitismus und Krieg.
Wir alle müssen wissen, dass die Erosion unserer Demokratie auf leisen Sohlen sich anschleicht. Deshalb ist das Jahr 2024 für uns alle eine Reifeprüfung für unser Demokratieverständnis. Die Europawahl am 9. Juni kann einen weiteren, toxischen Rechtsruck bringen. Bei den drei Landtagswahlen im Herbst in Sachsen, Thüringen und Brandenburg könnte nach gegenwärtigen Umfragen die AFD jeweils stärkste Kraft werden, die nach der Macht greift, um unsere Demokratie von innen zu zerstören.
Worte sind verräterisch, denn sie legen Gedanken frei. Von der Äußerung Gaulands, der den Nationalismus „einen Vogelschiss der Geschichte“ nannte über die Begriffe „Remigration“ und „Deportation“ beim Potsdamer Geheimtreffen bis zu den Drohungen des Neonazis Höcke gibt es eine braune Linie des völkisch-nationalistischen Gedankengutes. Vergessen wir nie, dass den Worten in der Geschichte immer Taten folgten.
Unser Auftrag und unsere Verantwortung sind, alles dafür zu tun, dass es beim „Nie wieder“ bleibt.
Verantwortung heißt Antwort geben, sich selbst, der Familie, der Gesellschaft, dem Staat, der Natur. Wir zahlen alle unseren Preis für das was wir tun und für das, was wir unverantwortlich unterlassen. Ich bin dankbar, dass Sie alle ein so klares Zeichen der Solidarität mit unserer Demokratie, unsere Freiheit und unseres Rechtsstaates setzen.
Das ist gleichzeitig eine deutliche Absage an alle diejenigen, die aus der katastrophalsten und düstersten Epoche unser Geschichte nichts lernen wollen und dem braunen, menschenverachtenden, völkischen Denken huldigen. Das hat in unserem Staat nichts zu suchen.